sehr persönliche Gedanken von Eva-Maria Popp
Mein Name ist Eva-Maria Popp, ich bin 61 Jahre alt und Sozial- und Geisteswissenschaftlerin. Ich bin eine aufgeklärte und liberale Frau. Mein Lieblingswort heißt Selbstbestimmung.
Vor knapp drei Jahren habe ich Sabina Kocherhans, die Gründerin der SK WelcomeHome die Transgenderstiftung kennengelernt.
Wir haben uns ein erstes Mal „grenzübergreifend“ am schönen Bodensee getroffen. Dieses erste Treffen sehe ich inzwischen symbolisch. Ja, es sind Grenzen, die Trans*Menschen täglich fühlen, spüren, erleiden, überwinden müssen.
Seither arbeite ich für die Stiftung und bin für die Entwicklung des Stiftungskonzepts und, seit der erfolgreichen Gründung, für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig. Darüber bin ich sehr glücklich. Das Thema liegt mir sehr am Herzen.
Vor allem habe ich seither unglaublich viel gelernt. Ich bin in jedes Fettnäpfchen getappt, in das man als „Nicht aus der Szene stammender Mensch“ tappen kann. UND DAS IST GUT SO!
Wenn wir wollen, dass das Thema Transgender ein ganz normales Thema wird, wie jedes andere auch, dann müssen wir zueinander finden. Diejenigen, die sich von Geburt ihrem körperlichen Geschlecht zugehörig fühlen und diejenigen, die einen Riss fühlen zwischen ihrem körperlichen Geschlecht und ihrer eigentlichen Identität. Sie haben viel Arbeit vor sich, um diesen Riss zu kompensieren. Das ist aufwändig, mühsam, schmerzhaft und nicht wenige zerbrechen daran.
Damit dieser unglaubliche Aufwand wesentlich einfacher wird, müssen Menschen wie ich VERSTEHEN, worum es eigentlich geht.
Wir müssen aufeinander zugehen. Wir müssen uns gegenseitig verstehen. Wir müssen miteinander reden. Wir müssen offen sein, für das Fühlen, Denken und Handeln des anderen.
Wenn wir nicht miteinander reden, dann überlassen wir den Vorurteilen, der Unwissenheit und vor allem der Unsicherheit das Feld. Das ist brandgefährlich, weil Unsicherheit ganz leicht in Angst umschlagen kann. Angst vor dem Unbekannten ist wiederum die Quelle für Ablehnung, bis hin zu Aggression und Gewalt.
Da sind wir beim Thema: Homophobie und Transphobie sind auf dem Vormarsch. Kann, bzw. darf das sein? Wie ist es möglich, dass wir exakt 100 Jahre nach den ersten zaghaften Öffnungen in Sachen Selbstbestimmung, die es während der Weimarer Republik durchaus gegeben hat, symbolisch zurückkehren ins dunkle Mittelalter der Scheiterhaufen – und das im 21. Jahrhundert.
Homophobie und rechtsradikales Gedankengut gehören eng zusammen. Menschen, die tiefe Angst vor dem Unbekannten empfinden sind unfrei im Denken, Fühlen und Handeln. Deshalb bekämpfen sie alles, was nach Freiheit anmutet.
Es ist unser aller Pflicht, dass wir Raum für Selbstbestimmung und Freiheit in der Öffentlichkeit schaffen.
Es ist unsere Holschuld, dass wir uns informieren und offen sind für das Fühlen und Handeln von Trans*menschen.
Es ist unsere Zivilcourage gefragt, dass wir jeden Ansatz von Homophobie und Transphobie sowohl in Wort und Tat im Keim ersticken.
Es ist einzig und allein der Mensch, der zählt!