von Eva-Maria Popp

Es war am 28. Juni 1969 – im New Yorker Stadtteil Greenwich nehmen die Dinge ihren Lauf, die uns noch heute bewegen. In einer Bar, die hauptsächlich von Schwulen und Transsexuellen besucht wird, gehen „die Lichter aus, bzw. die beginnt das „poststonewall `sche Zeitalter“ – die Stunde Null.

Was ist passiert?

Die Bar Stonewall in der Christopher Street war in den sechziger Jahren ein privater Tanz Club, der sich an die LGBTI Gemeinde richtete. Das feierfreudige Volk wurde regelmäßig zum Opfer brutaler und erniedrigender Razzien einer Polizei, die wenig tolerant war. Am 28. Juni war das Maß randvoll. 2 einzelne Menschen, die wieder einmal drangsaliert wurden haben sich begonnen vehement zu wehren. Dieser spontane Aufstand zeichnet eine historische Zeitmarke, die Stunde null, und ist heute bekannt als der Christopher Street Day bzw. der gesamte Monat Juni wird weltweit als World Pride Month gefeiert.

Vor allem in New York, dem Geburtstort des World Pride Month, wird dieses Ereignis in einer unvorstellbaren Intensität gefeiert und das ist gut so.

Die Aktivisten der Stonewall Bar haben vor 51 Jahren das große Tor zur Selbstbestimmung aufgestoßen, durchschreiten muss dieses Tor jede und jeder für sich selbst. Leider sind das noch lange nicht alle, die durch diese Pforte schreiten. Die Homophobie und diverse andere Phobien sind gerade wieder auf dem Vormarsch. Deshalb ist die alles entscheidende Frage: „Was können wir alle dagegen tun? Was kann jeder Einzelne von uns dagegen tun? WIR ALLE MÜSSEN UNS STARK MACHEN FÜR DIE ANERKENNUNG eines SELBSTBESTIMMTEN LEBENS.

Sabina Kocherhans, die Präsidentin der SK WelcomeHome die Transgenderstiftung sagt dazu:

„Es ist der Mensch, der zählt!“

Egal welche Hautfarbe du hast, welcher Nationalität du angehörst, welche sexuelle Orientierung du hast, ob du Mann oder Frau bist, ob du transsexuell, intersexuell oder asexuell bist – DU BIST ES, mit dem ich spreche und nicht eine Determinante.

Deshalb setzt die SK WelcomeHome die Transgenderstiftung auf Diversity. Sie steht dafür, dass ALLES und ALLE Lebensformen okay sind. Ausgrenzung wird NICHT geduldet.

Diesen Vorgang nennt man in der Sozialwissenschaft das sogenannte Normalitätsprinzip. ALLES ist normal, was und wie das Individuum selbstbestimmt leben möchte. Selbstverständlich unter Achtung des Rechts auf Unversehrtheit.

Normal ist, was gefällt! Erlaubt ist, was gefällt!

Jeder Mensch hat das Recht auf Normalität.

Jeder Mensch hat die Pflicht darauf zu achten, ein selbstbestimmtes Leben zu leben in Ruhe, Freiheit und Toleranz.

Geh` durch die Pforte der Freiheit und halte proaktiv und bewusst die Tür auf für alle, die dir folgen!

ALLE gehen mit! ALLE sind dabei! ALLE machen mit! ALLE bekennen sich zu einem Leben in Selbstbestimmung.

Macht Stonewall 2020 zur neuen Stunde Null und erinnert euch an den Elan der ersten Protagonist*innen der Stonewall Bar!

Der 17. Mai ist ein besonderer Tag. Weltweit gedenken wir an diesem Datum der vielen Menschen, die tragischer Weise zum Opfer von Homo-, Bi-, Inter- und Transphobie geworden sind. Internationale Gedenktage haben die wichtige Aufgabe den Finger in die Wunde gesellschaftlich brisanter Themenkomplexe zu legen. Die wachsende Zahl der Phobiker, Hetzer und Hasser gegen Menschen, die vermeintlich anders sind, anders fühlen und anders leben, hat gerade in der heutigen Zeit Hochkonjunktur. Dabei ist es kaum vorstellbar, dass es in unserer aufgeklärten Zeit des frühen 21. Jahrhunderts einen wiedererstarkten Rechtsradikalismus gibt, der eng mit der Tendenz zu den oben genannten Phobien verwoben ist.

Woher kommen diese Phobien? Was treibt die Menschen an, die sich in Verschwörungstheorien verstricken und ihre Ängste in Form von Hass und Gewalt kompensieren?

Sicher kann man sagen, dass es diese Phobien schon immer gegeben hat. Früher waren es die Hexen, die auf den Scheiterhaufen der klerikalen Phobiker und Despoten auf grausame Weise ihr Leben gelassen hatten. Auch die Juden gehören zu den Menschen, die seit Jahrtausenden als Sündenböcke mit viel Leid zur Kompensation von Ängsten herhalten mussten und spätestens seit den neuesten Anschlägen von Erfurt prägt diese Perversion wieder die Gegenwart.

Stark verkürzt und auf den Punkt gebracht kann man die Phobien als Angst bezeichnen vor dem Anderssein.

Je unsicherer ein Individuum ist, umso mehr hält er/sie fest an seinem persönlichen Weltbild. Es schenkt ihm/ihr vermeintliche Sicherheit. Alles, was er/sie kennt, was ihm/ihr bekannt erscheint, was er/sie versteht, weil er/sie es kennt, wird somit als das einzig Gute und Erstrebenswerte angesehen.

Alles andere, das er/sie nicht kennt, bereitet ihm/ihr Angst und bringt sein/ihr eigenes tönernes Weltbild und Lebenskonzept ins Wanken.

Manches Mal steckt hinter einer Homophobie, und all den anderen oben genannten Phobien, auch die Angst vor den eigenen Gefühlen und dem Erkennen oder auch nur erahnen der eigenen, bisher verdrängten, Identität. Nach dem Motto „Was nicht sein darf, kann auch nicht sein“ ist die Ablehnung und Bekämpfung bestimmter Lebensentwürfe eine besonders verstrickte Form der Kompensation der eigenen streng unterdrückten Bedürfnisse.

Deshalb ist es eine wichtige Aufgabe der Gesellschaft, Homo-,Bi-, Inter- und Transphobien sehr ernst zu nehmen und von Seiten des Gesetzgebers aber auch der Kulturschaffenden und der Erziehungswissenschaften, alles dazu zu tun, dass Menschen zu ihrem Selbstbewusstsein finden und aus unseren Kindern starke Persönlichkeiten werden.

Die beste und wirksamste Prophylaxe vor den Auswüchsen aller Art von Phobien sind selbstbewusste Menschen. Wer sich selbst kennt, wer mit sich im Reinen ist und sein eigenes Leben selbstbestimmt leben kann und darf, hat keine Angst vor den selbstbestimmten Lebensentwürfen seiner Mitbürger*innen.

Deshalb ist jede Art der Aufklärung über die verschiedensten Lebensentwürfe und Identitäten von Menschen unendlich wichtig, um die Phobien nachhaltig aus unserer Gesellschaft zu verbannen.

Steter Tropfen höhlt den Stein. Jedes Wort, jeder Satz, jedes Gespräch, das sich dem Themenkomplex der Phobien widmet und aufklärt ist einer dieser Tropfen.

Deshalb appelliere ich an alle, die publizistisch und in irgendeiner Form gesellschaftspolitisch tätig sind, sich mit den genannten Phobien auseinanderzusetzen und alles dafür zu tun, dass sie in Zukunft keine Chance mehr haben.

Mit jedem Wort hingegen, das andere diskreditiert, ausgrenzt, beschmutzt und besudelt, wird den Phobien eine Brücke gebaut.

Somit kann und muss JEDE/JEDER auf Sprachhygiene in seinem eigenem Sprachgebrauch und seinem eigenen Umfeld achten.

Jeder kann und muss etwas gegen Homo-, Bi-, Trans- und Intersexualitäts-Feindlichkeit tun!